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Ich will!

Diesen Text hat Sylvie Karen heute in der unerzogen Gruppe zur Begrüßung der neuen Mitglieder geteilt und erlaubt, den hier zu teilen.

Das ist so ziemlich das wertvollste, was ich in letzter Zeit gelesen habe. Und so so so so wichtig!

Liebe unerzogenen,

letzte Woche, nachdem ich in einem Kindergarten zum Thema Autonomiephase gesprochen hatte, und wir eine interessante Gesprächsrunde mit den anwesenden Eltern im Anschluss hatten, ist aufgrund eines beiläufigen Kommentars von mir zum Thema „ich will“ eine Diskussion entstanden, ob ich das wirklich ernst meine, dass Kinder sagen sollten „ich will“ anstatt „ich möchte bitte“. Einige Eltern wirkten ernsthaft entsetzt, insbesondere nach meiner flappsigen Antwort „Auf jeden Fall!“.

Und dann sprachen wir über Höflichkeitsfloskeln, und Respekt, und Wünsche, Bitten und den eigenen Willen. Und uns allen wurde klar – in dieser einen Phrase stecken alle Themen irgendwie drin. Und ganz viele Ängste.

Es grassiert so eine diffuse Angst in der Elternschaft, dass Kinder, die sagen können, was sie wollen, als unhöflich und respektlos abgestempelt werden. Dabei sind das völlig unterschiedliche Themenbereiche. Uns allen täte es gut, hätten wir Klarheit in unseren Wünschen und Bedürfnissen, und hätten wir Klarheit in unserer Sprache über unsere Wünsche und Bedürfnisse. Wir schleichen ums Thema drumrum, drücken uns gewählt aus in der Angst, den anderen vor den Kopf zu stoßen – und hoffen aber doch, der andere möge uns verstehen. Häufig hoffen wir nicht nur – wir erwarten das auch. Und wenn es nicht passiert, sind wir enttäuscht, verletzt, gekränkt – und geben dem anderen dafür die Schuld.

Wenn wir hier diskutieren, dann plädieren wir immer wieder für klare Sprache und klare Botschaften. Wenn ich als Mutter oder Vater etwas WILL, und dieser Wille alternativlos ist – dann kann und sollte ich dies auch genauso kommunizieren. Und wenn mein Kind seinen Willen ebenso deutlich kommuniziert, dann muss ich damit klar kommen, darauf eingehen, Lösungen finden und manchmal vielleicht auch genauso klar kommunizieren, dass es nicht möglich ist, aus welchen Gründen auch immer.

Ausdrücken zu können, was ich will, beinhaltet nicht, sich respektlos gegenüber anderen zu verhalten. Die eigenen Grenzen deutlich zu machen, sich selbst ernst zu nehmen und zu den eigenen Bedürfnissen zu stehen, bedeutet nicht, sich wie die Axt im Walde zu benehmen. Auch das ist ein Thema für uns als Eltern. Wie können wir lernen, klar und deutlich zu kommunizieren, unsere Grenzen offen zu machen und einzuhalten, und dabei respektvoll zu bleiben? Ein ewiges Lernfeld, an dem es sich lohnt, dran zu bleiben.

Kinder brauchen Grenzen – dieser überstrapazierte Satz ist wahr. Und zwar in dem Sinne, dass sie ein Gegenüber brauchen, was Grenzen erkennt und anerkennt und gleichzeitig eigene Grenzen kommuniziert und für deren Einhaltung sorgt.


Danke an Sylvie für diese wunderbaren Worte. Und in so einem kurzen Text so treffend gesagt.

Nehmt es euch zu Herzen 💜.

Mi